BRENNENDES HEIMWEH

Chansonnier Robert-Frank Jacobi im Vinninger Haus am Lindenbrunnen
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VO
N UNSEREM MITARBEITER FRED G. SCHÜTZ  


Zwischen Se
ntimentalität und robustem Humor : die Elsäss- er Musiker Anita Pirman und Robert·Frank Jacobi im Haus am Lindenbrunnen, dessen Besitzerin und Konzertveranstal- terin, Maria Schwartz, einen elsässischen Kleinkunstpreis erhalten wird...                                                               -FOTO SCHÜTZ

   
Die vielleicht bedeutendste Nachricht des Abends war genau genom· men eine augermusikalische: Gegen Ende seines Konzerts im Haus am Lindenbrunnen kündigte Robert· Frank Jacobi an, dass Maria Schwartz, die seit zehn Jahren in ihrem alten Fachwerkhaus in Vinningen Konzerte mit Chansonniers und Folkkünstlem veranstaltet, einen elsassischen Kleinkunstpreis erhalten wird.

Der Preis für die tatkraftige Hobby-Veranstalterin ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass sie über Jahre hinweg mit ihren Konzerten Verbindungen ins Elsass und nach Lothringen geschaffen hat. Beides französische Regionen, clie um die Erhaltung ihrer kulturellen Identität und dabei besonders des Dialekts kämpfen. Die Menschen in der Bretagne und Okzitanien waren da bisher weit erfolgreicher und selbstbewusster als unsere direkten französischen Nachbarn. Chansonniers wie Jacobi und Marcel Adam, die sich über das Künstlerische hinaus für die deutsch-französische Freundschaft einsetzen, haben im Haus am Lindenbrunnen bei Maria Schwartz seit je einen bemerkenswerten, beständigen und einzigartigen Auftrittsort gefunden - mit einem aufnahmebereiten und engagierten Publikum. 
    Das erlebten
mit Jacobi und seiner Begleiterin am Akkordeon, Anita Pirman aus Straßburg, erneut zwei Künstler, die ganz und gar in ihrer Musik aufgehen. Bei Jacobi verschwimmen - wie bei allen Konzerten in Vinningen zuvor - die Grenzen zwischen süßlichem Kitsch, sentimentalem Schlager und den wort- und melodienmächtigen Chansons des Belgiers Jacques Brel, die Jacobi mal im Original, mal in bemerkens- werten Übertragungen in den Elsässer Dialekt, vorträgt.
   
Jacobi weiß sehr wohl, dass er im Lindenbrunnen ein Publikum im Stande der eher gereiften Jugend vor sich hat, das mit ihm die Sehnsucht nach Kindheit, Jugend und erster Liebe teilt. Es ist ein Heimweh, das bei Jacobi umso stärker brennt, da er derzeit im holländischen "Exil" lebt, ein Heimweh aber auch, das seine Zuhörer mit ihm gemein haben, die sich nach den verklärten Sicherheiten der eigenen Biographie sehnen. Die Lieder malen hier nur den Hintergrund, den jeder Zuhörer im Publikum mit seinen höchst
persö
nlichen Souvenirs ausstaffiert. 
    Das umso mehr, ais seinen Conférencen, Witzen und Sottisen ein doch recht robuster Humor zu eigen ist. Auch hier geht er an Grenzen, an denen er nur im Heuspeicher des Lindenbrunnen kratzen darf. Aus einem derben Witz wird ja allzu leicht eine dumme Obszönität. Auch dieser Balanceakt ist ihm gelungen.
 
    Mus
ikalisch bleiben Jacobi und Anita Pirman auf der ganz und gar eingängigen Linie. Jacobis Gitarrenspiel ist harmonisch und technisch auf das absolute Minimum reduziert, im Zentrum steht die Stimme. Von Anita Pirman kommen die melodischen Auszierungen, sie ist einerseits Ersatz für das Orchester und andererseits die Instrumentalsolistin. Ihr profundes Können stellt die Akkordeon-Virtuosin in den Dienst des Sängers, bringt aber in ein, zwei Solo-Musettes ihre beträchtlichen Möglichkeiten nachgerade en passant zur Wirkung.

Rheinpfalz 2/6/2008 

Presse Robert-Frank Jacobi - Rheinpfalz 2/6/08
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